Landlebenliebe
Was bedeutet Landlebenliebe? Für mich das Gefühl angekommen zu sein, vereint mit tiefer Zufriedenheit und seelischer sowie körperlicher Entspannung. Vor sieben Jahren haben wir der großen Stadt Hamburg den Rücken gekehrt und uns für ein Leben auf dem Land in Schleswig-Holstein entschieden. Auch heute noch denke ich, das war die beste Entscheidung, die wir treffen konnten. Anfangs fand ich die Idee, weit ab von dem quirligen Leben einer Großstadt zu wohnen, ohne Supermarkt, Eiscafé, Lieblingsrestaurants und Shoppingmöglichkeiten um die Ecke, schon etwas beängstigend. Würde es nicht langweilig sein, nur Felder, Wiesen, ein paar Tiere und immer die gleichen Menschen zu sehen? Wäre es zu einsam oder bin ich gar gezwungen, mich auf Teufel komm raus in die Dorfgemeinschaft zu integrieren und dort zu engagieren? Ich mag Gespräche mit anderen Menschen und auch die Gesellschaft, aber nur in überschaubarer Dosierung. Meistens möchte ich meine Ruhe und niemanden außer den Herzmann und Diego um mich herum haben. Trotzdem ist es etwas anderes, aus dem Fenster zu schauen und andere Leute zu sehen oder eben nur Natur. Diesen Weg ging ich also wirklich mit sehr gemischten Gefühlen und dem Hintergedanken, wenn es nicht funktioniert, ziehen wir zurück in die Stadt. Landlebenliebe – Eine Liebe für’s Leben Diesen Hintergedanken habe ich sehr schnell verworfen! Schon nach kürzester Zeit genoss ich die Ruhe und grüne Landschaft um mich herum. Vermissen tat und tue ich nichts. Im Gegenteil, auch wenn die Wege nun weiter sind freue ich mich auf dem Rückweg aus der “Zivilisation” immer auf unser entspanntes Dorfleben. Zurück in die Stadt ziehen möchte ich nicht mehr und dem Herzmann geht es genau so. Wir sind mittlerweile tief verwurzelt in “unserem” Dorf, auch wenn wir überschaubare Kontakte zu den restlichen Bewohnern haben. Dadurch, dass wir am Ortsausgang (oder Eingang, je nachdem von wo man kommt) wohnen, sind Begegnungen seltener als in der Dorfmitte. Aber wenn ich auf andere Menschen treffe, ist es immer angenehm, herzlich und sehr entspannt. Auch das gefällt mir sehr gut, der freundliche Umgang miteinander. Hier hat man noch Zeit für einen kleinen Schnack und anschließend geht jeder seiner Wege, bis zum nächsten Mal. Man kennt und erkennt sich, was ja in der Stadt auch nicht immer so selbstverständlich ist. Und auch die Hilfsbereitschaft ist noch sehr viel ausgeprägter als in größeren Wohngebieten. Natürlich wird man auch hier begutachtet und beurteilt. Aber irgendwie anders. Es zählen nicht das große Auto oder ein Designertäschchen, sondern wie man sich gibt und verhält. Am Anfang etwas ungewohnt war das allgegenwärtige “Moin”. Auf dem Land grüßt Du nicht nur Menschen, die Du kennst, sondern jeden, den Du siehst. Das gibt selbst dem simplen Einkauf im Supermarkt etwas Persönliches. Das Landleben hat mich verändert Das heißt nicht, dass ich ein komplett anderer Mensch geworden bin, aber einiges ist schon anders. Mir geht es physisch besser. Warum das so ist, kann ich nicht genau sagen, vielleicht liegt es an der besseren Luft. Auf jeden Fall ist meine Lunge freier und auch mein Kreislauf hat sich stabilisiert. An meiner Haut merke ich die Veränderung sehr deutlich. Sie ist wesentlich klarer und reiner geworden. Falten habe ich trotzdem mehr bekommen, aber das ist mehr dem Älterwerden geschuldet 😉 Auch meine Psyche hat sich erholt. Die leichten Depressionsschübe, welche ich früher öfter hatte, haben deutlich nachgelassen und es gibt lange Phasen, in denen es mir einfach nur gut geht. Insgesamt bin ich wesentlich gelassener und entspannter. Auch, wenn ich hier von zu Hause aus arbeite, stresst mich alles sehr viel weniger als früher. Vielleicht liegt das auch daran, dass ich einfach besser schlafe. Bei uns ist es so ruhig, dass wir wirklich jede Nacht das Fenster auflassen können. In Hamburg war das leider nicht möglich. Anscheinend tut mir der Sauerstoff gut. Und natürlich bin ich viel mehr draußen unterwegs, sei es im Garten oder mit dem Hund. Die Bewegung an der frischen Luft entspannt mich zusätzlich. Landlebenliebe ist auch die Liebe zur Natur Natur ist einfach etwas Wunderschönes! Ich hatte diese Liebe schon länger in mir, aber hier habe ich sie neu und komplett anders kennengelernt. Seit wir auf dem Dorf wohnen, erlebe ich jede Jahreszeit viel intensiver und quasi hautnah. Ich nehme alles ganz anders wahr. Wie sich z. B. am Ende des Sommers langsam die Blätter verfärben oder zu Beginn des Frühlings die ersten Knospen an den kahlen Ästen entstehen. Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich Bäume und Koppeln mit Pferden. Die Tiere gehören dem Bauern hinter unserem Haus. Wir dürfen sie füttern und eine unserer Lieblingsbeschäftigungen ist es, Sonntag Vormittag zu ihnen zu gehen und ihnen Brötchen, Möhren und Äpfel mitzunehmen. Auch sie verändern sich im Jahreszeitenwechsel. Ist das Fell im Sommer glatt und seidig, wird es zum Herbst immer dichter und im Winter schließlich sehen sie etwas strubbelig und fülliger aus. Die Gassirunden sind ebenfalls ein anderes Erlebnis als in der Stadt. Diego genießt es, durch die Wiesen zu streifen und ständig neue Fährten aufzunehmen. Und natürlich liebt er unseren Garten. In Hamburg hatten wir nur einen (wenn auch sehr großen) Balkon. Hier kann er richtig Hund sein und das Leben genießen. Besonders fasziniert mich auch immer noch die hier vertretene Tierwelt. Direkt vor unserer Tür suchen Störche die Wiesen nach Essbarem ab, ein Stückchen weiter haben sie ihr Nest, in das sie jedes Jahr zurückkehren. Auf unseren Spaziergängen sehen wir Rinder, Schafe und viele Pferde. Das war für Diego anfangs sehr aufregend, solche Tiere kannte er nicht und hat sie dementsprechend skeptisch betrachtet. Mittlerweile gehören sie zu seinem Alltag dazu und er freut sich immer seine neuen “Kumpel” wiederzusehen. Ein paar Minuten entfernt befindet sich ein großes Naturschutzgebiet. Hier darf man die Natur auch als Mensch genießen. Im Frühjahr und Herbst begegnen uns hier regelmäßige größere Gruppen von Rehen. Ich finde es immer wieder wunderschön, diese Tiere so verhältnismäßig nah zu sehen. Wenn ich alles zusammenfasse, kann ich aus voller Überzeugung sagen, wir haben hier wirklich unsere bisher glücklichste Zeit und ich hoffe, wir können das alles noch sehr lange genießen. Ein Leben in
Die letzten Wochen im Zeitraffer
Verzeiht mir, dass ich mich mal wieder ein bisschen rar gemacht habe. Wir haben etwas turbulente Wochen hinter uns und ich bin einerseits nicht zum Schreiben gekommen, andererseits hatte ich manchmal auch einfach nicht den Kopf frei dafür. Dafür gibt es heute die Zusammenfassung der letzten Wochen, wieder einmal frei nach dem Motto “was bisher geschah”: Was in ein paar Wochen so alles passieren kann Als Erstes möchte ich Euch dafür danken, dass Ihr an meiner ausstehenden Diagnose für Bein und Arm so intensiv teilgenommen habt. Einige von Euch haben mich per E-Mail angeschrieben und sich nach dem Ergebnis erkundigt, andere haben liebe Kommentare hinterlassen. Das hat mich wirklich sehr gefreut. So ganz salopp formuliere ich mal, mein Bein ist dran und bleibt es auch. Der linke Arm wurde ebenfalls nicht operiert. Meine Chemotabletten und der Strahlenapparat haben ganze Arbeit geleistet. Wann und in welcher Form der rechte Unterarm operiert wird, weiß allerdings immer noch niemand. Der Tumor ist nach wie vor fest im Muskelgewebe verankert und eine Entfernung würde definitiv meine rechte Hand – vermutlich dauerhaft – lahm legen. Das wollen weder meine Ärzte noch ich. Zum Glück halten auch hier die Tabletten das kleine Krustentier in Schach, so dass es wenigstens nicht weiter wächst. Das heißt, an der Krustentier-Front kann ich mich erst einmal ein wenig entspannen. Bis zur nächsten Diagnose schiebe ich also quasi das Thema Sarkom erst einmal zur Seite. Weniger schön sind zwei neu hinzugekommene Gesundheits- oder vielleicht sollte ich lieber sagen Krankheitsthemen. Aufgrund anhaltender Schmerzen in den Gelenken habe ich mit meiner Hausärztin gesprochen. Sie ist zum Glück eine sehr fähige Medizinerin und hat nach einigen Tests (Triggerpunkte etc.) die Diagnose Fibromyalgie gestellt. Diese Erkrankung ist wohl gerade bei Tumorpatienten (und insbesondere bei Sarkompatienten) sehr verbreitet. Damit blieb mir zumindest, wie so manchem Patienten mit dieser Erkrankung, eine Odyssee durch verschiedene Arztpraxen erspart. Was leider nichts an der Tatsache ändert, dass ich permanent Schmerzen habe. An einigen Tagen etwas weniger, an anderen Tagen sehr intensiv. Auch das Brennen in den Gelenken (hier vor allem die Finger) ist sehr unangenehm. Ganz blöd an der ganzen Sache ist auch, dass meine Finger nicht nur weh tun, sie sind auch noch geschwollen und mein Ehering passt nicht mehr. Sicherlich kann man sagen, ach wenn es nichts Schlimmeres ist, mein Mann weiß auch ohne Ring, dass ich ihn liebe. Aber für mich bedeutet es einmal mehr, dass meine Krankheit mich in meinem normalen Leben (und sei es an vielleicht noch so unbedeutenden Stellen) einschränkt. Und ich kann nichts dagegen tun. Die zweite Hiobsbotschaft kündigte sich mit schnöden aber heftigen Zahnschmerzen an. Natürlich abends, natürlich außerhalb der Sprechzeiten jeglicher Zahnarztpraxen. Es fing ganz harmlos an, am späten Nachmittag reagierten zwei meiner vorderen Zähne im Unterkiefer leicht unwirsch auf “Beißkontakte”. Bis zum Abend steigerte sich dieser Zustand so weit, dass ich schließlich auf zwei Schmerztabletten mit der Stärke 600 zurückgreifen musste. Da ich ein echter Feind von Schmerzmitteln in jeglicher Form bin und die Einnahme immer bis zum Äußersten hinauszögere, zog mein Mann hier schon besorgt die Augenbrauen hoch. Danach hatte ich wenigstens, bis auf das unterschwellige Pochen in meinem Unterkiefer, Ruhe. Am nächsten Morgen suchte ich unseren im Dorf ansässigen Zahnarzt als Notfallpatientin auf. Zu meinem vertrauten Zahnarzt in Hamburg konnte ich leider nicht, da wir zu diesem Zeitpunkt kein Auto hatten (dazu später mehr). Ich muss dazu sagen, das Wort Zahnarzt löst bei mir Schweißausbrüche und leichte Panikattacken aus. Und dann auch noch “völlig unvorbereitet” zu einem neuen Zahnarzt. Ich brauche wohl nicht weiter darauf hinzuweisen, wie heftig meine Zahnschmerzen waren. Lange Rede, kurzer Sinn. Der Arzt ist toll, ich werde dort bleiben. Das Ergebnis seiner Untersuchung jedoch zog mir mal wieder den Boden unter den Füßen weg. Nach eingehendem Röntgen des Kiefers stellte er eine Wurzelentzündung fest. Seine Einschätzung, beide Zähne seien sowieso tot, daher würde er mir beim Aufbohren keine Spritze geben müssen (darauf bestehe ich IMMER…), widerlegte die “Kälte-Reaktionsprobe” umgehend. Sichtlich erstaunt schaute er mich an und erklärte, das sei jetzt ein medizinisches Phänomen. Ein weiterer Blick auf das Röntgenbild ließ ihn stutzen. Die Entzündung säße auch viel zu weit unten, als dass es die Wurzel betreffen könnte, außerdem waren die Zähne leicht locker. Nach eingehender Schilderung meiner Krankengeschichte verließ er das Behandlungszimmer und kehrte wenige Minuten später mit einem eilig vereinbarten Termin bei dem nächstgelegenen Kieferchirurgen zurück. Beide Ärzte waren sich einig, es könnte ein Tumor im Kiefer sein. Das sollte sofort am Montag (da es schon Freitagmittag war, ging es nicht am gleichen Tag) mit einem 3D-Röntgenbild und einem MRT abgeklärt werden. Das Wochenende verbrachte ich mehr oder weniger entspannt, auch maßgeblich beeinflusst durch Einnahme hochdosierten Schmerzmittels, auf unserem Balkon. Auch der Kieferchirurg ist spitze und auch dort würde ich immer wieder hingehen, das einmal vorweg. Die Diagnose fiel weit weniger dramatisch aus, als noch am Freitag gedacht. Kein Tumor, keine Knochenmetastasen. Aber, und das finde ich jetzt fast genauso dramatisch, mein Kieferknochen ist – vermutlich durch die Einnahme der Chemotabletten – weich geworden und kann die Zähne nicht mehr richtig halten. Durch die leichte Bewegung beim Kauen hat sich der Kiefer unter dem Wurzelbereich entzündet. Ob nach Abheilung der Entzündung meine Zähne jemals wieder fest werden, kann noch nicht abschließend gesagt werden. Die Entzündung ist mittlerweile abgeklungen und nächste Woche überlege ich mir gemeinsam mit meinem Zahnarzt (oder eher umgekehrt, mein Arzt mit mir), ob und wie es eine Möglichkeit gibt, die weitere Erweichung meines Kieferknochens und den Verlust meiner Zähne zu verhindern. Wenn das alles nicht funktioniert, bleibt nur eine Zahnprothese. Es handelt sich wirklich um kerngesunde Zähne, ohne eine Füllung oder dergleichen. Ganz ehrlich weiß ich manchmal nicht, was schlimmer ist, der blöde Krebs oder die ganzen Begleiterkrankungen, die durch ihn verursacht werden. Nichts mit meinem Gesundheitszustand zu tun hat ein weiteres kleines Drama, welches für uns damit aber leider auch nicht weniger einschneidend war. Unser geliebter kleiner Smarti hat uns verlassen. Tapfer hat er alle unsere Gartenpflanzen transportiert, bei unserem Umzug sein Bestes gegeben, den Hund, uns sowie